Bürgerbeteiligung

Brücken schlagen, Bürger beteiligen

von Ralf Frühwirt

Nachdem jahrelang aufgrund sinkender Wahlbeteiligung und abnehmenden Mitgliederzahlen bei Parteien von Politikverdrossenheit die Rede war, ist in den letzten Jahren eine ganz anderer Trend gewachsen. Ein verstärkter Wille in der Bevölkerung, an den Entscheidungen, die sie betreffen, auch selbst beteiligt zu werden.

Sehr deutlich wurde das hierzulande bei Stuttgart 21, dem Riesenbauprojekt, das zwischen Bund, Land, Stadt und Bahn ausverhandelt wurde, ohne dabei die Bürger in ihren Bedenken oder Anregungen wirklich ernst zu nehmen. Immer mehr Menschen wurden zu „Wutbürgern“, um sich endlich Gehör zu verschaffen. Die Tatsache, dass wir heute eine Grün-Rote Landesregierung haben, ist nicht zuletzt auch auf den mangelhaften Umgang der Vorgänger mit dem Bürgerwillen zurückzuführen.

Leider hat man in Leimen daraus scheinbar nichts gelernt. Immer noch ist der Bürger allenfalls gut genug zur Stimmabgabe bei Wahlen oder als Staffage für das ein oder andere Foto. Das Interesse für lokale Themen zu wecken, die Bürger zu motivieren sich zu beteiligen, das kommt der Leimener Politik nicht in den Sinn. Und wer dies dennoch versucht, wird allzu leicht abgekanzelt.

Deutlich sichtbar wurde dies bei der Auseinandersetzung um die Bebauung des alten Sportplatzes in Leimen. Eine Initiative sammelte über 3.000 Unterschriften für einen Bürgerentscheid, doch statt sich offen der Diskussion zu stellen, flüchtete sich die Verwaltung unter Beteiligung der Mehrheit im Gemeinderat in bürokratische Spitzfindigkeiten, mit dem Ergebnis, dass der Bürgerentscheid nicht stattfand, obwohl das Quorum weit überschritten war.

Auch der Umgang mit den Anliegern der Lessingstraße zeugt von einem Amtsverständnis, das der heutigen Zeit kaum mehr angemessen ist. Niemand behauptet, dass die Einbeziehung der Bürger einfach ist. Häufig verlängert sie auch die Entscheidungsfindung, aber ganz sicher stehen Lösungen, die offen mit den Bürgern diskutiert wurden, auf einem solideren Fundament, als solche, die in kleinen Zirkeln ausgemauschelt werden.

Für die großen Herausforderungen der Zukunft brauchen wir unsere Bürger, brauchen wir Menschen, die nicht einfach eine Stimme abgeben, sondern sich aktiv beteiligen. Möglichkeiten gibt es auf kommunaler Ebene genug, vieles davon hat die GALL schon (vergeblich) gefordert: regelmäßige Bürgerversammlungen in allen Stadtteilen, ein Bürgerhaushalt, wie er in anderen Städten schon praktiziert wird, eine Bürgerstiftung, wie sie Wiesloch erfolgreich initiiert hat.

Vor allem aber muss sich der Umgang mit Menschen ändern, die sich beteiligen wollen. Der Satz: Demokratie lebt vom Mitmachen muss hier endlich mit Leben gefüllt werden. Unterstützen Sie uns dabei. Eine Gelegenheit hierzu bietet übrigens die Ideenwerkstatt, in der Sie konkret mitwirken können!